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5. April 2010

Max Weber, Wissenschaft als Beruf

Filed under: Max Weber — pepper @ 16:32

Gehen wir ad rem ab S. 11: Wissenschaft als Berufung, in seinen Worten: i n n e r e r  Beruf (Sperrung i.O.):

Wissenschaft ist hoch spezialisiert. Das erschwert die Leidenschaft, i.e. das Gefühl der Berufung, da man nur noch an Teilproblemen arbeitet, teilweise ohne übergeordnete Zusammenhänge auch nur noch zu kennen. Deshalb muss ein Wissenschaftler heute die Ersetzung eines einzigen Wortes  in seiner Textausgabe, sagen wir der Digesten, als etwas empfinden, das Thomas Carlyle kommentieren würde mit: “Jahrtausende mußten vergehen, ehe du ins Leben tratest, und andere Jahrtausende warten schweigend.”

Das geht nur mit völliger Hingabe an das, was man eben tut. Dazu bedarf es der “Eingebung”, des rettenden Einfalls, der uns in unseren Problemen auf die Sprünge hilft. Dieser Einfall lässt sich nicht erzwingen, wird allerdings extrem befördert durch harte Arbeit “zu Fuß”, z.B. Durchführung 1000er trivialer Rechenexempel. Was Weber hier unausgesprochen vollzieht, ist eine Absage an den Geniekult, an “den Seinen gibts der Herr im Schlaf”.

Wichtig ist hierbei, dass der Wissenschaftler diesen Umstand nicht nur mit allen anderen in  bürgerlichen “Berufen” Stehenden teilt (z.B. Kaufleuten), sondern auch mit Künstlern: Nulla dies sine linea heißt der bekannte Spruch: Kunst kommt von Können, und Können ist Training/harte Arbeit. Das ist nicht sehr sexy und wird gern mit Persönlichkeitskult und “Erleben” konterkariert, Beispiel aus dem Unterricht: Madonna “erfindet” sich mit jeder Platte neu und steht neuerdings auf Kabbala. Weber bietet sich an, am Werk keines geringeren als Goethes zu zeigen, dass jedes Abrücken von ausschließlicher Hingabe an die jeweilige Aufgabe, d.h. jede inszenatorische Absicht [nach der Lektüre von Faust II glaubt man, Goethe stehe mit jeder Gestalt der antiken Mythologie auf Duzfuß, d.h. er inszeniert sich als lebender Klassiker, GD] das Werk, das man zu schaffen beabsichtigt, verdirbt.

Soweit gilt für den Wissenschaftler, wie für jeden anderen auch, zunächst nur: diene der Sache und keinem Götzen wie “Persönlichkeit” und “Erleben”. Es gibt aber einen bedeutsamen Unterschied zu Kunst und bürgerlichen Berufen. Die Einspannung der eigenen Arbeit in den Fortschritt. “Wissenschaftlich zu veralten ist nicht nur unser aller Schicksal, sondern unser aller Zweck” – darüber wird nächste Stunde zu diskutieren sein, denn dies hat weitreichende Konsequenzen für zahllose Diskussionen unserer Zeit, von ganz banalen, die der Diskussion gar nicht bedürften, wenn mehr Zeitgenossen diesen Vortrag nicht nur vom Hörensagen kennten: Ist Wikipedia zitierfähig?, bis zu Intelligent Design: Brauchen wir die Bibel im Biologieunterricht, wenn die Evolutionsbiologie nicht alle Fragen beantworten kann? (Das fand sich so mal im hessischen Schulrahmenplan, no joke)

Also bleibt am Ball :-)

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