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26. Juni 2009

Das NPD-Verbotsverfahren 2001-03

Filed under: NPD-Verbot — pepper @ 21:08

In der BRD sind bislang zwei Parteien verboten worden: die Sozialistische Reichspartei (SRP), eine Nachfolgeorganisation der NSDAP 1952, und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Jahre 1956. Insbesondere letzteres ist umstritten, da offenbar unter politischem Druck erfolgt. Das Verbotsverfahren gegen die NPD, 2001 maßgeblich von Günter Beckstein und Otto Schily auf den Weg gebracht, wurde von Verfassungsrechtlern von Anfang an kritisch gesehen. Es scheiterte 2003 an dem Umstand, dass die NPD von V-Leuten des Verfassungsschutzes beobachtet wurde, die maßgebliche Positionen innerhalb der Partei bekleideten. Deshalb verlangte das Bundesverfassungsgericht eine Namensliste dieser V-Männer von den Antragstellern, also der Bundesregierung. Innenminister Schily verweigerte diese mit der Begründung, die V-Leute seien für die Steuerung der NPD nicht maßgeblich. Daraufhin wurde vom BVG ein “Verfahrenshindernis” konstatiert und das Verfahren eingestellt.

Das NPD-Verbot – Caesar und Hans-Peter Bull

Filed under: NPD-Verbot — admin @ 20:58

Caesar hat in LI, 27-36 folgendes dargestellt: extreme Maßnahmen mögen in bestimmten Fällen gerechtfertigt erscheinen. Die Geschichte besitzt aber genügend Beispiele, wohin das in aller Regel führt:

  1. Im Peloponnesischen Krieg richteten die Spartaner 30 Athener als Tyrannen ein. Diese richteten zuerst alle hin, die das auch verdient haben –> das Volk fand die Maßnahme richtig.
    Es dauerte nicht lange, und sie töteten “aus Laune Gute wie Schlechte vermischt” – das billigten die Athener natürlich nicht mehr, aber da war es zu spät
  2. Als Sulla im Kampf Popularen – Optimaten zuerst Verbrecher, die sich an diesem Bügerkrieg bereichert hatten, beseitigen ließ, hieß es wiederum, “verbrecherische und intrigante Menschen, die durch Aufstände den Staat aufgewühlt hatten, seien völlig zu Recht getötet worden”. Nur wenig später wurden “die, denen der Tod des Damasippus zur Freude Anlass gegeben hatte, selbst aufs Schaffott gezerrt und nicht eher war ein Ende des Mordens, als bis Sulla alle seine Anhänger mit Reichtümern überhäuft hatte.”

Jetzt lesen wir in der SZ: “Bei 6 Mio. Juden, da fängt der Spaß erst an”, ergo: Nach seiner [Hans-Peter Bulls] Meinung gibt es “angesichts der Zuspitzung der Gewalt und des Anwachsens der NPD eine moralische und politische Verpflichtung” die Verbotsanträge zu stellen.

In dem von der dritten Gruppe am Do, 25.06., vorgetragenen Ausschnitt lesen wir zu dem Verbotsverfahren: “Debattiert wird zudem über eine Beschränkung des Versammlungsrechts, auch um Aufmärsche von Rechtsextremen zu stoppen … Eine Einschränkung des Versammlungsrechts ist in der rot-grünen Koalition umstritten.”
Die Gruppe Drei hat darauf hingewiesen, dass das Versammlungsrecht zu den Grundrechten im GG gehört.
Aha … Kommt uns das irgendwie bekannt vor?

Camus und Caesar – Zusammenfassung

Filed under: Todesstrafe — pepper @ 20:37

Camus meint folgendes:

  • Die Strafe, die züchtigt, ohne zu verhüten, heißt in der Tat Rache …
  • Die Vergeltung gehört in den Bereich der Natur und des Triebs, nicht in den des Gesetzes.

All das hat Frankreich, die Grande Nation, die der Welt die Französische Revolution als epochales Ereignis beschert hat (die Trennlinie zwischen “Früher Neuzeit” und “Neuzeit” ist der 14. Juli 1789, der Sturm auf die Bastille), mit der Todesstrafe in ihrem Strafgesetzbuch.
Jetzt bringt er genau den Gegensatz, den Caesar mit demissi in obscuro, den “Nobodys”, und den praediti magno imperio, das ist im wesentlichen das Imperium romanum, dargelegt hat:

  • Wir Franzosen, die wir uns zu Recht empören, wenn der Petroliumkönig von Saudi-Arabien [...] einen Fleischer damit beauftragt, die Hand des Diebes mit dem Messer abzuhauen, leben in dieser Beziehung ebenfalls in einer Art Mittelalter, [...] Wir definieren die Gerechtigkeit noch gemäß den Regeln eines plumpen Einmaleins.

Wenn Caesar also sagt: auf uns blickt die Welt, deshalb: in maxima fortuna minima licentia est, gilt das selbstverständlich auch für Frankreich: wenn die Araber die Todesstrafe anwenden – who cares, die hacken ja auch ihren Dieben die Hände ab, da wundert einen gar nichts. Frankreich dagegen steht für liberté, égalité, fraternité – da ist eine solch alttestamentarische Strafe unerträglich.
Eben das sagt Caesar mit:
—schnipp—
Hoc item vobis providendum est, patres conscripti, ne plus apud vos valeat P. Lentuli et ceterorum scelus quam vostra dignitas, neu magis irae vostrae quam famae consulatis – Ihr müsst darauf achten, Senatoren, dass das Verbrechen der Catilinarier (Lentulus und die anderen) nicht mehr Gewicht besitzt als eure Würde, und ihr euch nicht mehr um euren Zorn (= Affekt) als um euren Ruf kümmert.
—schnapp—
Daran ist bemerkenswert, dass beide den Staat und seine Stellung in der Welt zum Maßstab solcher Fragen machen: Rom mit seiner “Mischverfassung” (remember Polybios) ist wegen dieser Verfassung zu Caesars Zeit der mächtigste Staat der Welt. Frankreich ist der Staat, der jeder Demokratie die Leitwerte vorgegeben und damit den Grundstein für jede Demokratie in Europa gelegt hat. Das sagt Camus nicht laut, aber jeder französiche Leser wird die Stelle so verstehen – ebenso wie jeder Senator praediti magno imperio auf Rom beziehen wird.
Zu diskutieren ist jetzt, ob das als grundsätzliche Argumentation gegen die Todesstrafe taugt, und wenn nicht, wie eine solche denn aussehen müßte.

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